Shine with shiatsu journal

Trauer und ihre Auswirkungen auf den Körper. Und wie Shiatsu helfen kann.

Trauer wird oft als eine emotionale Reaktion auf einen Verlust angesehen, aber ihre Auswirkungen gehen weit über den Bereich der Gefühle hinaus. Da unser Körper und unsere Emotionen miteinander verbunden sind, werden die Auswirkungen der Trauer auf das körperliche Wohlbefinden eines Menschen häufig übersehen.

In diesem Artikel gehe ich auf die häufigsten Reaktionen auf Trauer ein und zeige, wie sie sich auf der körperlichen Ebene manifestiert. Am Ende des Artikels werde ich auch darauf eingehen, wie Shiatsu als Körperarbeit Menschen bei der Verarbeitung ihrer Erfahrungen unterstützen kann.

1. Trauern ist immer individuell

Es gibt keine richtige Reaktion auf Trauer. Trauern ist ein komplexer und individueller Prozess. Es gibt jedoch körperliche Reaktionen, die viele Menschen nach einem Verlust erleben. Sie können von vielen Faktoren beeinflusst werden, z. B. von der Art der Beziehung zum Verstorbenen, unseren persönlichen Bewältigungsmechanismen und dem Umfeld, in dem wir leben.

Die Liste, die ich zusammengestellt habe, basiert auf Forschungsergebnissen sowie auf Beobachtungen und Gesprächen mit meinen KlientInnen, die ich in den letzten Jahren unterstützen durfte. 

2. Wie sich Dein Körper in der Trauer anfühlt

Eins wissen wir mit Sicherheit: Trauer bedeutet Stress für den Körper. Und zu viel Stress ist immer ein Risiko für die Gesundheit.

Wie der Einzelne auf Stress reagiert, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Werden belastende Emotionen wie Trauer oder Wut über einen längeren Zeitraum unterdrückt, kann dies negative Auswirkungen auf das körperliche und emotionale Wohlbefinden haben. In einigen Fällen kann dies zu einer anhaltenden Trauerstörung oder einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen.

„Wie ist es möglich, dass die Welt sich weiterdreht, unverändert ein- und ausatmet, während in meiner Seele ein ständiges Chaos herrscht?“ – Chimamanda Ngozi Adichie

Nachfolgend findest Du einige häufige Wege, wie sich die Trauer im Körper bemerkbar machen kann:

2.1. Abgeschwächtes Immunsystem

Trauer löst im Körper eine Stressreaktion aus, die zu einem Anstieg von Stresshormonen wie Cortisol führt. Gleichzeitig haben Untersuchungen gezeigt, dass bei Trauernden die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sie weniger natürliche Killerzellen und Lymphozyten haben. Dies kann das Immunsystem schwächen und den Körper anfälliger für Entzündungen und Krankheiten machen.

2.2 Brustbeschwerden und Infektionen

Sehr oft geht Trauer mit einem Engegefühl in der Brust einher. Viele Menschen beschreiben es als ein körperliches Gefühl von Schwere, als ob etwas auf sie Druck ausüben würde. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird Trauer mit dem Element Metall in Verbindung gebracht – das mit dem Organ der Lunge, sowie dem Dickdarm verbunden ist.

„Eine gesunde Metallenergie verhindert nicht, dass wir Trauer erleben, aber sie verhindert, dass wir in ihr gefangen bleiben. Sie macht uns offen für neue Möglichkeiten.“ Carola Beresford-Cooke


Beide Organe spielen eine wichtige Rolle beim Empfangen und Loslassen. Dies geschieht beim Atmen, hat aber auch mit emotionalen Prozessen zu tun. Wenn wir nicht in der Lage sind, unsere Trauer auszudrücken, schwächt dies die Lunge. Anhaltende Trauer wirkt sich negativ auf das Atmungssystem aus und führt zu Problemen wie Brust- und Lungeninfektionen, flacher Atmung, Kurzatmigkeit oder sogar Asthma.

2.3 Herzbeschwerden

Unbehagen im Brustbereich kann mit Problemen des physischen Organs Herz zusammenhängen. Die Stresshormone, die während der Trauer freigesetzt werden, können den Blutdruck erhöhen und das Risiko von Herzproblemen steigern. In einigen Fällen kann dies zu einer Form der Herzerkrankung führen, die Wissenschaftler als „Syndrom des gebrochenen Herzens“ bezeichnen. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Metapher, sondern um ein echtes Herzproblem mit ähnlichen Symptomen wie bei einem echten Herzinfarkt.

2.4. Körperliche und geistige Erschöpfung

Trauer geht oft mit Müdigkeit und einem verminderten Energieniveau einher, was oft zu Erschöpfung führt. Die Betroffenen berichten, dass sie geistig abwesend sind, Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren, oder dass sich ihre Gedanken im Kreis drehen. Das einzige, woran sie denken, ist die verstorbene Person. Dabei fühlen sie sich abgeschnitten, einsam und in einem Zustand der Hoffnungslosigkeit.

2.5. Unruhiger Schlaf

Trauer stört oft den Schlaf. Der hohe Cortisolspiegel stört das natürliche Schlafmuster. Es erschwert das Einschlafen oder Durchschlafen und führt zu unregelmäßigem Schlaf, Schlaflosigkeit oder Albträumen. Dieser Mangel an erholsamem Schlaf schafft einen Teufelskreis. Der Hinterbliebene wacht morgens auf und fühlt sich müde und erschöpft.

„Trauer ist nicht durchsichtig, sie ist substanziell, bedrückend, etwas Undurchdringliches. Das schwerste Gefühl ist morgens nach dem Schlafen: ein bleiernes Herz, eine hartnäckige Realität, die nicht verschwinden will. Ich werde meinen Vater nie wieder sehen. Nie wieder. Ich habe das Gefühl, nur aufzuwachen, um zu sinken und noch mehr zu sinken. In diesen Momenten bin ich mir sicher, dass ich der Welt nie wieder begegnen will.“ Chimamanda Ngozi Adichie

2.6. Verdauungsprobleme

Die durch Trauer ausgelöste Stressreaktion kann die Verdauung beeinträchtigen. Viele Menschen leiden unter Magenschmerzen, Übelkeit oder einer Verschlimmerung ihres Reizdarmsyndroms (RDS). Es ist gut erforscht, dass der Darm sehr empfindlich auf emotionalen Stress reagiert. Gefühle von Wut, Angst oder Traurigkeit äußern sich in Verdauungsbeschwerden.

2.7. Veränderungen des Appetits

Trauer kann auch zu Appetitveränderungen führen, die sowohl zu Gewichtsverlust als auch zu Gewichtszunahme führen können. Es wurde beobachtet, dass trauernde Menschen empfindlich auf Geschmack oder Geruch reagieren. Sie haben oft kein Interesse am Essen. Auf der anderen Seite kann ein Anstieg des Cortisolspiegels den Appetit anregen und zu übermäßigem Essen führen.

2.8. Muskelschmerzen

Emotionaler Stress kann zu Muskelverspannungen führen, die sich in Kopf- und Rückenschmerzen sowie allgemeinen Muskelschmerzen äußern. Dies könnte auf die Reaktion des Körpers auf Stress zurückzuführen sein. Chronische Muskelverspannungen tragen oft zu langfristigen Beschwerden bei.

3. Wie Shiatsu helfen kann, wenn Du trauerst

Trauer hat keinen Zeitstempel. Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem die Trauer vorbei oder beendet sein sollte. Manchmal tut sie das nie. Irgendwann können wir sie vielleicht mehr akzeptieren und mit ihr leben.

3.1 Trauer benötigt Raum

Ich glaube, dass Trauer nicht etwas ist, das wir überwinden müssen. Sie ist da, um erlebt und anerkannt zu werden.

Damit dies geschehen kann, müssen wir einen bewussten Raum schaffen, damit Trauer in unserem Leben ihren Platz hat. Shiatsu ist eine Einladung, im Hier und Jetzt anzukommen. Mit all den Ungewissheiten und Gefühlen, die da sind.

Du bist willkommen, so wie du bist. Mit deiner Müdigkeit, deiner Verwirrung, deinen Fragen, deiner Frustration. Unabhängig davon, ob der Verlust 10 Monate oder 10 Jahre zurückliegt. Unabhängig davon, ob Du einen Elternteil, ein Geschwisterkind, ein Kind, einen Großelternteil, ein Haustier, eine wichtige Beziehung oder einen Traum verloren hast. 

3.2 Alle Gefühle zulassen

Wenn wir uns in unserem Körper entspannen, wenn wir uns mit unseren inneren Empfindungen verbinden, hören wir auf, vor dem Schmerz wegzulaufen. Wir sind bereit, ihn anzuschauen.

„Das Gegenteil von Depression ist Ausdruck. Was aus dir herauskommt, macht dich nicht krank; was drin bleibt, schon.“  Edith Eger

Shiatsu hat die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit nach innen zu richten. Deine eigenen Gefühle zu beobachten, aber auch, sie tatsächlich zu fühlen.

Ein wichtiger Teil meiner Shiatsu-Sitzung ist der Austausch. Wir sprechen vor der Behandlung, sodaß ich Deine Bedürfnisse verstehen kann. Auch nach der Behandlung gibt es Raum für Austausch und Fragen. Das hilft, Dinge auszusprechen, Gedanken zu teilen, sie ans Licht zu bringen. Dieser Moment der Selbstreflexion ist sehr kraftvoll. Denn er kommt von Dir selbst. Von Deinem Körper, Deinem inneren Bewusstsein, der Inneren Stimme, die zu Dir spricht.

3.3 Deine Reise ehren

Shiatsu hat nicht die Kraft, all Deinen Schmerz zu nehmen. Aber es wird Dir erlauben, einen Moment innezuhalten und durchzuatmen. Deine Trauer ist ein einzigartiger Weg, der wertgeschätzt und respektiert werden will. Du wirst sanft in einem Raum ohne Leistungsdruck und ohne Erwartungen gehalten. Ich bin hier, um Dich auf Deinem Weg zu unterstützen.

Wenn Du Interesse an einer Zusammenarbeit mit mir hast, nehme bitte Kontakt mit mir auf oder buche eine Behandlung in meiner Praxis in Berlin.

Mit Liebe,

Aleksandra


Literaturverzeichnis: 

  • Carola Beresford-Cooke „Shiatsu Grundlagen und Praxis“. Elsevier.
  • Chimamanda Ngozi Adichie: „Trauer ist das Glück geliebt zu haben“. S. Fischer Verlage.
  • Edith Eger: „The Gift. A survivor’s guide to freedom“. Random House.G
Aleksandra Hoffmann Shiatsu Berlin

über die autorin

Aleksandra Hoffmann

Aleksandra Hoffmann ist zertifizierte Shiatsu-Praktikerin in Berlin. Sie unterstützt KlientInnen in Zeiten von körperlichem und emotionalem Stress, sodass sie sich in ihren Körper und ihre Bedürfnisse hineinspüren können. Und Frieden in sich selbst finden.